Lobeshymnen für Bastian Schweinsteiger

Februar 11, 2010

Bastian Schweinsteiger ist in der Form seines Lebens. (Foto: imago)

Die spektakulären Bilder von Nationalspieler Bastian Schweinsteiger sind weniger geworden. Auf seiner neuen Position im defensiven Mittelfeld spielt der Fußballstar des FC Bayern München unscheinbarer, schmucklos statt effektheischend, clever statt eigensinnig. Und fast könnte man meinen, der flippige Sonnyboy „Schweini“ habe sich zum besonnenen Herrn Schweinsteiger gewandelt. Die Zahl seiner Torschüsse hat abgenommen, einen einzigen Saisontreffer hat er überhaupt erst erzielt, und auch im gegnerischen Strafraum ist der 25-Jährige kaum noch zu sehen. Eines aber hat stark zugenommen: die Loblieder auf Schweinsteiger.

Nerlinger ist begeistert

Das denkbar größte Loblied sang ihm in der vergangenen Woche sein Sportdirektor Christian Nerlinger. „Es ist beeindruckend, wie er spielt. Ich finde, dass es auf dieser Position in Europa wirklich keinen Besseren gibt“, meinte Nerlinger und schob nach: „Er gewinnt seine Zweikämpfe, ohne Foul zu spielen. Er schaltet schnell um. Sein Wort in der Mannschaft hat Gewicht.“ Genau, wie es bei einem Sechser sein muss. Nach sieben Jahren im Profifußball scheint der frühere Flügelspieler seine Position gefunden zu haben, endlich. „Da sehe ich mich am stärksten und kann der Mannschaft am meisten helfen. Und das ist glaube ich das Wichtigste“, sagt Schweinsteiger.

Löw zögert noch

Bayern-Trainer Louis van Gaal hat er schnell davon überzeugen können, ihn in der Mittelfeld-Zentrale aufzubieten. Bei Bundestrainer Joachim Löw ist es soweit noch nicht. Natürlich, sagte der DFB-Coach jüngst der Münchner „tz“, spiele er mit dem Gedanken, Schweinsteiger auch in der Nationalelf vom rechten Flügel zu verschieben. Aber: Es fehlt adäquater Ersatz. „Hätte ich den, würde Bastian auch bei mir ins Zentrum rücken“, meinte Löw.

Keine Streiche mehr

Schweinsteiger betont, dass es schon sein „Anliegen“ sei, bald auch im DFB-Dress in der Mitte zu spielen. Er sagt aber auch, dass es für Löw „schwierig“ sei. „Es gab in der Vergangenheit nicht viele Spieler, die auch rechts spielen konnten. Er hat großes Vertrauen, dass ich diese Position ausfülle.“ Schweinsteiger ist erwachsen geworden. Er macht jetzt Werbung in Anzug und Krawatte, und er trägt eine Brille, weil er sie tragen muss. Sein früheres Image, das vom spaßmachenden Jüngling, der in Tagen des Sommermärchens 2006 mit Kumpel „Poldi“ Streich um Streich spielte – es ist überwunden.

Fokus auf die Defensive

Und Schweinsteiger ist glücklich damit. „Ich denke, den Schweini gibt es nicht mehr“, sagte er dem „kicker“. Er kommt seriös daher, neben dem Feld, aber eben auch auf selbigem. Als Ballverteiler und Spielzerstörer. „Ich bin immer am Geschehen dabei, jetzt kann ich ein Spiel mittaktieren“, sagt er. Für einen Abräumer sei eben auch wichtig, dass „die Defensive gut steht“. Und vorne habe der FC Bayern ja sowieso genügend torgefährliche Spieler – auch ohne „Schweini“.

Quelle: http://bundesliga.t-online.de/schweinsteiger-geniesst-allerhoechste-anerkennung-auch-bei-loew-/id_21687802/index (11.02.2010)


Europa fürchtet die verflixten Fünf

Februar 11, 2010

Protestgraffiti in Griechenland: Die EU fürchtet den Euro-Absturz

Hamburg – Die EU-Staaten werden ab diesem Donnerstagmittag über ein abgestimmtes Vorgehen in der Griechenland-Krise beraten – schon jetzt gibt es erste Hilfsversprechen von Regierungschefs. Das pleitebedrohte Land kann offensichtlich auf eine Geldspritze der Europäischen Union hoffen.

„Es läuft auf Kreditlinien hinaus“, sagte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann kurz vor dem Sondergipfel. Das Geld könne mit Hilfe des Internationalen Währungsfonds IWF vergeben werden. Auch der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero sicherte Griechenland bei dem Treffen der sozialistischen Ministerpräsidenten in Brüssel die Solidarität der EU zu. „Wir brauchen eine gemeinsame Antwort“, sagte der amtierende EU-Ratspräsident. „Die EU muss ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen.“

„Wenn wir versuchen, Lösungen nur auf bilateraler Ebene zu finden, droht Griechenland Opfer neuer Spekulationen der Märkte zu werden“, sagte der dänische Chef der Europäischen Sozialdemokraten, Poul Nyrup Rasmussen. Er verlangte „eine gemeinsame Lösung der Länder der Eurozone“.

Frucht vor dem Domino-Crash

Der zuletzt arg gebeutelten Europäischen Gemeinschaftswährung tun solche Aussagen gut. Der Euro kostet am Donnerstagmorgen 1,3780 Dollar, rund einen halben Cent mehr als am Vorabend.

Das Plus ist ein Zeichen für Zuversicht. Die meisten Anleger erwarten vorerst nicht mehr, dass es in Europa zum Schlimmsten kommt: zur Staatspleite Griechenlands und einem sich daran anschließenden Domino-Crash, der die Weltwirtschaft ähnlich erschüttern könnte wie der Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers.

Wohlgemerkt: vorerst.

Denn nicht nur das Finanzdesaster in Griechenland ist für die Euro-Zone ein Problem. Überall auf dem Kontinent wachsen die Staatsschulden ins scheinbar Grenzenlose – die Wirtschaftskrise lässt die Steuereinnahmen einbrechen, dazu kommen Milliardenbelastungen durch die nationalen Konjunkturprogrammen, die Haushalte sind extrem belastet.

Wenn die Schuldenfalle zuschnappt

Grafik: Europas Defizit-Sünder

Das treibt neben Griechenland Portugal in immer größere Probleme. Nervös beobachtet wird auchSpanien. Ökonomen bezeichnen diese Staaten als Defizitländer. Ihre Wettbewerbskraft ließ seit Einführung des Euro ständig nach, doch statt Reformen anzuschieben, wirtschafteten sie – verleitet durch die ungewohnt niedrigen Zinsen in der Euro-Zone – jahrelang ohnehin viel zu sehr auf Pump. Dann kamen die Belastungen durch Finanzkrise und Rezessionsbekämpfung, und sie potenzierten das Problem. Das griechische Staatsdefizit stieg im vergangenen Jahr auf 12,7 Prozent. Auch in Spanien liegt es im zweistelligen Bereich (siehe Grafik), weit entfernt von den drei Prozent, den die Maastricht-Kriterien des Euro-Stabilitätspakts vorschreiben.

Die Defizitländer stecken jetzt in der Schuldenfalle. Sie haben es wegen ihrer Wettbewerbsschwäche schwer, das hohe Defizit in den kommenden schwachen Jahren zu drücken. Sie müssen Gehälter und Sozialleistungen streichen und Strukturreformen anstoßen.

In eingeschränktem Maße das auch für Irland. Der Inselstaat kämpft ebenfalls mit einem riesigen Defizit. Allerdings hat die Regierung schon im Dezember in einer Hauruckaktion den Haushalt saniert und damit Ängste vor einer baldigen Staatspleite zurückgedrängt.

Von der Schicksals- zur Haftungsgemeinschaft

Auch Italien bereitet Experten Sorge. Dort herrschen zwar keine griechischen Verhältnisse, dafür liegt die Staatsverschuldung seit Jahren deutlich über 100 Prozent – und die Regierung macht kaum Anstalten, daran etwas zu ändern.

In fünf von 16 Eurozonen-Staaten brodelt es also, und das beunruhigt den ganzen Kontinent. Anleger fürchten, dass auch stabile Staaten wie Deutschland, Finnland und die Niederlande die Probleme in der Währungsunion zu spüren bekommen; dass sie letztlich für Griechenland & Co. die Zeche zahlen; dass der Euro weiter verfällt (siehe Grafik); dass der gemeinsame Währungsraum von einer „Schicksals- zu einer Haftungsgemeinschaft“ wird, wie es der frühere Zentralbankrat Wilhelm Nölling im SPIEGEL ausdrückte.

Denn die Bedrohung für den Euro ist keineswegs bloß kurzfristig. Auch wenn Italien oder Spanien nicht bankrott gehen: Was passiert, wenn die Regierungen dieser Länder zu schwach sind, um notwendige Veränderungen durchzusetzen? Schon jetzt werden Griechenland und Portugal von heftigen Protesten erschüttert – doch ohne Reformen droht die Kluft zwischen starken und schwachen Euro-Staaten zu wachsen.

Es sei möglich, dass die Euro-Zone auseinanderbreche, sagte Star-Ökonom Nouriel Roubini, Professor an der New Yorker Stern School of Business, beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Nicht in diesem oder im kommenden Jahr – aber doch, wenn der Kontinent seine Schuldensünder nicht auf Kurs bringen kann.

Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,676966,00.html

von Stefan Schultz